Aus der Praxis - Organisations-
entwicklung

Neuausrichtung eines Forschungsinstituts: Zukunftsorientiertes Portfolio, minimalinvasive Reorganisation und Spin-Off mit Koopkurrenz

Zu viel Strategie führt zu Frust

Manchmal sind die Erfolge der Vergangenheit die Hindernisse der Zukunft. Bei einem mittelgroßen FuE-Institut wurde jahrelang zu viel auf Lorbeeren ausgeruht, und zu wenig in die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, Teams und der gesamten Organisation investiert. Das Portfolio mitsamt den erforderlichen Kompetenzen war verwässert, mehrere halbherzig-erfolglose Strategieprozesse der vergangenen Jahre hatten ihre Spuren bei Mut, Geschlossenheit und Zuversicht der Menschen hinter-lassen. Das Institut war wirtschaftlich angeschlagen und arbeitete defizitär, die Organisationsein-heiten silofizierten sich zunehmend und waren vor allem damit beschäftigt, irgendwie wenigstens den eigenen A… zu retten. Zu allem Überfluss war der erfolgreichere der beiden Standorte auf dem Weg, sich selbstständig zu machen und als eigenes Institut auszugründen.

Gemeinsame Exploration in die Zukunft

Die anfängliche Diagnose entfachte dennoch eine neue Aufbruchstimmung. Alle Beteiligten wussten ja um den Zustand des Instituts. Jetzt gab es wenigstens ein klares systemisches Bild der Wirklichkeit, aber ohne Schuldigen suchen, sondern mit Blick nach vorn. Bei der Entwicklung der Maßnahmen zur Organisationsentwicklung mussten wir aufpassen, das fragile operative Geschäft nicht noch stärker auszubremsen – davon hätte sich das System womöglich wirtschaftlich nicht mehr erholt. Dennoch musste ein deutliches Signal her, dass nun wirklich etwas passiert. Zusammen mit dem neuen und hochengagierten Institutsleiter und einigen vertrauten Führungskräften haben wir uns dazu entschieden, die Abteilungsebene aufzulösen, die der übergreifenden Zusammenarbeit mehr im Weg stand, als dass es sie beförderte. Die Gruppen als operativ funktionierende Einheiten haben wir gestärkt, ihnen schnell mehr Autonomie und Verantwortung übertragen. Inhaltlich haben wir ein institutsweites Explorationsjahr ausgerufen, bei dem die Gruppen die aus ihrer Sicht vielversprechendsten Themen selbst bestimmten. Mit Hilfe eines Scoreboards haben wir für Alle transparent gemacht, wie sich die Themen entwickeln, was also fliegt und was nicht. Das Scoreboard ersetzte das Tracking der Abteilungen, und der Wettbewerb der Gruppen wurde sukzessiv zu einem Wettbewerb der Themen. Wir-Gefühl und Kooperationsfähigkeit nahmen zu, und die ersten Erfolge sowie der sich abzeichnende Turnaround brachten auch die Zuversicht und das Selbstvertrauen zurück.